Sonntag, 15. Januar 2012

Die Zeit vergeht wie im Zug

Buffet beim Christmas Bankett

Es ist lange her, dass ich zum letzten Mal etwas hier in meinem Blog geschrieben habe. Und es würde wahrscheinlich noch länger dauern, auf alle erwähnenswerten Geschichten hier näher ein zu gehen. Dennoch möchte ich euch einen „kurzen“ Überblick verschaffen, was im letzten Monat so alles geschehen ist.

Vor Weihnachten wurden die Zimmer
neu aufgeteilt. Andrei aus Rumänien
und Logan aus Kanada sind nun
meine Roomates.
Anfang Dezember hatten wir ein Missionarsehepaar aus Mailand als Gastredner hier in Holsby. Es war recht ungewohnt Unterricht von recht temperamentvollen Italienern im „kalten“ Schweden zu haben. Bemerkenswert war das sehr leckere italienische Essen das die beiden für uns gekocht haben. Vielleicht hat unsere Küche ja auch etwas dazulernen können =)



Eines der letzten Bilder mit Nathan
In den letzten zwei Tagen war bei den meisten Leuten ziemlich die Luft raus und wir waren nicht sehr konzentriert, als uns Wally über die Hebräer unterrichtete. Am letzten Tag vor den Weihnachtsferien gab es ein überquellendes Weihnachtsbuffet zum Abendessen. Allerlei Leckereien, die ich nicht wirklich beschreiben kann. Auf dem Bild könnt ihr euch selbst einen kleinen Eindruck verschaffen.

Ohne Worte!
Aber keine Sorge, war nur ein Spass!


Die Weihnachtsferien haben für ein paar von uns in Kopenhagen gestartet. Kopenhagen selbst ist eine sehenswerte Stadt. Mit einer kleinen Hafenrundfahrt sind wir an den wichtigsten Sehenswürdigkeiten vorbeigefahren. Für die erste Nacht haben wir Austin in unserer Jugendherberge Unterschlupf geboten, da sein Flug nach Kanada erst am nächsten Tag ging. Er war davon überzeugt, dass der Flieger am späten Abend abhebt und so wurde ich von einem völlig aufgelösten Freund nachts um halb zwei an gestupst, mit dem Satz: „Ich hab meinen Flieger verpasst!“ – Da war die Nacht natürlich erst mal vorbei. Es stellte sich dann zum Glück als ein Missverständnis heraus. Neben den vielen Bildern, die wir gemacht haben, haben wir auch einige Kilometer in Kopenhagens Straßen abgespult. Wir sind nach Freetown Christiania gelaufen.
Einem Stadtteil, in dem nahezu keine Rechte gelten und man an jeder Ecke allerlei Drogen kaufen kann. Es war interessant zu sehen wie sich so ein Stadtteil selbst organisiert und einfach da gebaut wird, wo und wie es einem gefällt. Weniger schön war es zu sehen, wie Jungs im Jungscharalter am Straßenrand standen und auf eine noch weniger schöne Art versuchten, sich selbst anzubieten um etwas Geld zu verdienen. Traurig.


Die knapp zwei Wochen, in denen ich wirklich wieder daheim war, war ich die meiste Zeit unterwegs. Entweder wurde ich zum Kaffee eingeladen oder ich habe jemanden eingeladen oder ich hab mich mehr oder weniger selbst eingeladen… =) Wie viele Hände ich in dieser Zeit daheim geschüttelt habe, kann ich nicht sagen. Aber es waren unzählige =)

Late Night Cinema mit "Kite Runner"
Nach Weihnachten wurde unser Haus dann voll. Es kamen 4 Kanadier und einer aus Alaska. Das Auto war mit 5 Personen und den dazugehörigen Rucksäcken schon ziemlich voll. Trotz alle dem konnten wir in die vielen Hohlräume im Kofferraum noch geschätzte 10kg Schokolade von Ritter Sport unterbringen. Wovon bestimmt die Hälfte nicht das neue Jahr erlebt oder zumindest Deutschland in einem 4,5kg schweren Packet in Richtung Amerika verlassen hat. Am nächsten Tag haben wir die kleinste, noch regelmäßig benutzt Kirche in Süddeutschland besucht. Für die, die es nicht wissen, die besagte Kirche steht in Gaugenwald. Und danach ging es nach Neubulach ins Silberbergwerk. Ich durfte die ganze Führung dann aus dem Stehgreif ins Englische übersetzten, was besser geklappt hat, als ich dachte.
Kirche in Gaugenwald
Kurz bevor wir wieder heimgefahren sind, bekamen wir eine Neujahrsbretzel geschenkt. Bretzeln sind den Kanadiern zwar bekannt, aber nicht solche großen und schon gar nicht wenn sie nicht nach Laugenbretzeln aussehen. Nach dem ersten skeptischen Bissen haben die „Soft-Bretzels“ fast nicht bis nach Neuweiler überlebt.

Viele Runden Monopoly und
Logan hat jedes Mal gewonnen!
Kebab zum Frühstück und Kebab zum Abendessen, wenn überhaupt. So ungefähr hat der Speiseplan meiner Freunde in den knapp zwei Wochen, bevor sie zu mir kamen, ausgesehen. Dem haben wir daheim natürlich abgeholfen. Zum Beispiel mit Pasta Ascuitta oder Raclette. Welches ihnen völlig unbekannt war und überhaupt nicht ihrer Esskultur entspricht, lange beim Essen zu sitzen und miteinander zu reden. Schnitzel, Pommes und richtige schwäbische Spätzle durften auch nicht fehlen. Und unser „Küken“ Logan konnte glatt weg anderthalb große Bleche Pizza verdrückten…

Mit diesem Bild gab
es in Berlin 20% Rabatt
im Holstel
Auf der Kuppel der Frauenkirche
Sonntagmorgen, Neujahr um 4.30 Uhr sind wir im Bussle gesessen und in Richtung Hauptbahnhof Stuttgart losgefahren. Erstes Ziel war Dresden. Einmal durch die Frauenkirche, Semperoper und durch den Dresdener Zwinger gelaufen und am nächsten Morgen mit dem Zug weiter nach Krakau. Die polnische Schaffnerin wollte den Interrailpass um keinen Preis gelten lassen und war drauf und dran zwei von uns an der nächsten Station rauszuwerfen oder bei weiterem Widerstand den Zug sofort zu stoppen und uns in freier Wildbahn auszusetzten. Logan hat fast eine ¾ Stunde lang diskutiert und somit gut 5 Stationen im Zug überlebt. Die Schaffnerin bestand auf Barzahlung, Logan auf Zahlung mit Kreditkarte und einem unterschriebenen Beleg der Schaffnerin, was nochmals eine gut halbe Stunde Diskussionen zur Folge hatte. Kurze Zeit darauf, nach einem Personalwechsel wurden dann die anderen beiden auch noch kontrolliert. Eine Barzahlung und kein Ticket später hat dann plötzlich der Interrailpass doch „gegolten“.

Krakau selbst ist eine sehr schöne Stadt, auch wenn man nach 22 Uhr nur noch Obdachlose auf den Straßen antrifft und an jeder Ecke um Geld angebettelt wird. Am anderen Tag sind wir von einem sehr luxuriös ausgestatteten Mercedesbus von der Jugendherberge abgeholt worden. Wobei der Bus von außen mit, glücklicherweise nur aufgemalten, Rostbeulen überseht war. Innen war er mindestens genauso neu wie außen. Ledersitze und eine komplette Kinoanlage waren einbaut. Auf ebendieser sahen wir zur Einführung einen Film über Auschwitz und eine Autostunde später sind wir dann mit einer englischen Führung durch Auschwitz I und durch Birkenau gelaufen.

Am gleichen Abend ging es dann per Nachtzug nach Berlin. Um halb 9 sind wir dort am Hauptbahnhof ausgestiegen und hatten für 15min später einen Besichtigungstermin für die Bundestagskuppel. Wir waren rechtzeitig am Einlass, Logan und ich durften aber erst gut 2 Stunden später die Kuppel besichtigen. Er hatte ein Butterflymesser im Rucksack und ein solches ist in Deutschland natürlich verboten. „Schmetterling“ ist eines der wenigen Wörter von denen Logan weiß was es auf Deutsch heißt.

Wenn Kanadier versuchen Deutsch zu reden, dann klingt es immer sehr aggressiv und ziemlich beängstigend. Umringt von 6 Polizisten und andauernd „Schmetterling“ sagend wurde er in einen kleinen Raum gedrängt. Nach einigem hin und her wurde ich dann ebenfalls in den Raum eingelassen und wir wurden gemeinsam zum Verhör in den Keller vom Bundestag abgeführt.
Sonnenaufgang
im Bundestag
Ein Butterflymesser hat im deutschen Gesetz den gleichen Straftatbestand, als würde man eine scharfe Schusswaffe ohne Waffenschein mit sich führen. Da ich mich als Übersetzer angeboten habe, was jetzt irgendwo als „Positives Verhalten“ vermerkt ist, ging die ganze Prozedur „nur“ 1,5 Stunden. Die beiden uns verhörenden Polizisten freuten sich richtig etwas zu tun zu bekommen, sie meinten es wäre das erste Butterflymesser seit über 2 ½ Jahren. Toll! Nachdem ich ihnen dann erzählte, was wir eigentlich machen und eine Bibelschule anscheinend in den Formularen der deutschen Bürokratie nicht vorhanden ist, wurden wir als Theologiestudenten in einer schwedischen Uni eingetragen. Außerdem meinten die beiden Polizisten, dass wir höchstwahrscheinlich nun die Kriminalstatistik ziemlich zerstört hätten. Die ersten Theologiestudenten im Bundestag die wegen einem Butterflymesser festgenommen wurden.

In einer Berliner Brauerei. Ein sehr
unfreundlicher Kellner servierte
"dem Kind" eine heiße Schokolade
und mir mit komischen Blicken
ein Apfelschorle =)
Nach dem Verhör wurden wir nicht auf direktem Wege zur Kuppel gebracht, sondern der Polizist hat uns eine kleine Führung durch den Bundestag gegeben. Unter anderem hat er uns durch die Fraktionsebene geführt, in die normalerweise nie ein Tourist einen Fuß setzten darf. Als wir wieder raus gingen wurden wir vor der Tür von einem anderen Polizisten abgeholt und er meinte unsere 3 Freunde würden am Eingang warten. Die drei wurden durch halb Berlin von 2 Polizisten in Zivil verfolgt. Man weiß ja nie, was die vorhaben. Und eine Nachricht durften sie und durch die Polizisten auch nicht überbringen lassen, es bestünde Fluchtgefahr. Verrücktes Deutschland.

Tags darauf, nach einem Gepäckwechsel und ungefähr 12 Stunden Aufenthalt in Neuweiler ging es mit dem ICE zurück nach Schweden. Ich weiß nicht mit wie vielen Leuten ich schon einen „Herr der Ringe“ – Marathon machen wollte. Im Zug mit Thomas hat es dann geklappt. Alle drei „Herr der Ringe“ nahezu am Stück vom Stuttgart bis nach Holsby. Auf Englisch natürlich!

Zurück in Holsby. Ein Herzliches Willkommen. Unzählige Umarmungen. Und noch mehr Geschichten aus unserer „Christmas Break“. Ein paar neue Studenten. Die Altersspanne reicht nun von 18 bis 70 Jahren. Die erste Woche Lectures ist auch schon wieder vorüber.

German Babeque Fika in Ekhaga
Dr. Ray Lubeck, Professor an der Multnomah University in Portland, Oregon, hat uns über die Psalmen unterrichtet. Er gehört bislang zu meinen Top-Favoriten von den Gastrednern. Ray war der erste, der auch mal 20min überziehen konnte, es blieb trotzdem mucks Mäuschen Still, alle haben zugehört und niemand hat den Raum verlassen. Viele hochinteressante, bewegende persönliche Geschichten und noch mehr wissenswertes über die Psalmen. Eigentlich nicht zu beschreiben. Als eine Aufgabe mussten wir unseren eigenen Psalm schreiben. Mit ebendiesem möchte ich diesen schon wieder viel zu langen Blogeintrag beenden und bedanke mich fürs lesen!

Where are you?
    When I’m standing in the dark again? – Alone!
    When no one sees how I'm doing?
    And no one really wants to know the answer!
Where are you?
    When all of my days are gray?
    When my thoughts turn in circles
    And many voices talking, but I can’t hear your voice!
Where are you?
    When I’m meeting friends?
    When I’m telling the boys of my youth group about your kingdom
    And they don’t know what I’m talking about
Where are you?
    When I’m surrounded by darkness again?
    When I’m walking through the woods
    With a knife in my pocket, ready to come to you?
Death!
You are there!
    Sending a butterfly,
    Let him get rest on my knee and
    Let him look to me say: “Don’t do it!”
    Let the sun break through the clouds
    And my darkness gets brighter
You are there!
    Sometimes I can’t feel it!
    Sometimes I can’t understand, why something happens
    And sometimes I just don’t know where I should go
    And I’m thinking I should finish it here!
    And sometimes it’s good not to think so much!
You are there!
    Even if I can’t see or hear you always!
    When I repeat myself,
    When I pray the same prayers
    And ask you, please, to show me my way
    And I still do not want to understand how it will go on
You are there!
    Like a little fountain on a dirty road
    Obviously!
    You wash the dirt off and show me a clear path
    I just have to follow this path
    And when I’m looking back, you were always with me!
Thank you, for being here!
                                                Armin Burkhardt